Zwei
Studien, die von Hanno Würbel und Kollegen an der Universität Bern
veröffentlicht wurden, stellen die wissenschaftliche Stringenz von in der
Schweiz durchgeführten Tierversuchen in Frage. In der ersten Arbeit (URL:
https://doi.org/10.1371/journal.pbio.2000598) überprüften die Wissenschaftler
1.277 genehmigte Tierversuchsvorhaben sowie eine zufällige Auswahl von 50
wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die aus diesen Vorhaben hervorgingen, auf
die Beschreibung der Anwendung von sieben grundlegenden Maßnahmen (verdeckte
Zuordnung, Verblindung, Randomisierung, Berechnung des Probenumfangs,
Einschluss- und Ausschlusskriterien, primäre Ergebnisvariable und statistischer
Analyseplan) zum Schutz vor systematischen Fehlern. Sie fanden, dass keines
dieser Kriterien in mehr als 20 Prozent der Vorhaben und keines der Kriterien
in mehr als 35 Prozent der Veröffentlichungen genannt wurde. Um herauszufinden,
ob die Kriterien nur in den Vorhaben und Veröffentlichungen nicht beschrieben
wurden oder ob sie gar nicht angewendet wurden, wurden 2.000 Tierforscher in
einer Online-Umfrage gefragt, ob sie die sieben Kriterien bei ihren
Experimenten anwenden um systematischen Fehlern vorzubeugen (URL: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0165999).
Ein hoher Anteil der Befragten bestätigte die Anwendung der Kriterien und gab
an, dies auch in den letzten Veröffentlichungen beschrieben zu haben. Eine Überprüfung
dieser Aussagen ergab jedoch, dass keines der Kriterien in mehr als 20 Prozent
der Veröffentlichungen beschrieben worden war. Diese Studien zeigen, dass oft
weder Ethikkomitees noch Wissenschaftler noch Gutachter noch Zeitschriften
bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen und sicherzustellen, dass
Tierversuche nach den Kriterien des Best-Practice geplant und dokumentiert
werden, so wie dies z.B. vom Experimental Design Assistant (URL: https://www.nc3rs.org.uk/experimental-design-assistant-eda)
und den ARRIVE-Guidelines (URL: https://www.nc3rs.org.uk/arrive-guidelines),
beide vom NC3Rs entwickelt, empfohlen wird.
Quelle: TIERethik 2/2017
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