Januar 2013

Besuch bei Novartis in Basel

Im Frühjahr 2012 sind wir im Rahmen unserer Evaluation von Hundeversuchen in der Schmerzforschung auf das sogenannte ‚Arthritismodell‘ gestossen. Hierbei werden Harnsäurekristalle in Hundeknie gespritzt um eine vorübergehende Entzündung auszulösen und dann die Wirkung von Medikamenten testen zu können. Unsere direkt an Novartis kommunizierte Kritik brachte uns einen Besuch bei Novartis in Basel ein, bei dem wir die Versuche diskutieren und die Hunde- und Affenhaltung besichtigen konnten.

Dass für ihre Tierversuche kritisierte Unternehmen Ihre Kritiker zur Diskussion einladen ist recht neu. Noch vor zehn Jahren erhielten wir in einem ähnlichen Fall als Antwort eine Drohung mit juristischen Schritten. Später war die häufigste Antwort keine Antwort. Mttlerweile sind aber viele Forscher zu einer offeneren Haltung übergegangen, was letztlich auch für die Forscher, Forschungsprojekte und Institutionen sicherlich die bessere Haltung ist und dem berechtigten Interesse der Oeffentlichkeit Rechnung trägt.

Novartis hat sich hier wirklich als vorbildlich erwiesen, sowohl in der Kommunikation wie auch in der Tierhaltung.

Unsere Hauptkritik an pharmazeutischen Studien, beispielsweise um Schmerzmittel zu testen, ist, dass hierfür unnötig gesunde Versuchstiere krank gemacht werden, statt dass man das Mittel an erkrankten Tieren erforschen würde.

Dass ein neues Medikament irgendwann mal einem Tier oder Menschen gegeben werden muss ist ja nicht zu vermeiden.

Anlässlich unseres Besuchs zeigten die hochrangigen Repräsentanten von Novartis grundsätzliches Interesse daran, die Belastung in Tierversuchen weiter zu reduzieren, auch mittels Umstellung der Testung an tierischen Patienten statt an krankgemachten Versuchstieren.

Die Hauptargumente von Novartis für das klassische Tierversuchsmodell waren der Zeitfaktor, die Inhomogenität der Patientenkollektive und das Verhalten der Zulassungsbehörden.

Der Zeitfaktor ist für eine Pharmafirma verständlicherweise kritisch, da meist ein Rennen gegen ein Präparat einer Konkurrenzfirma läuft. Dies könnte nur einigermassen im Rahmen gehalten werden, wenn man die Oeffentlichkeit sensibilisiert und ermuntert in Studien an tierischen Patienten mitzumachen, damit auch diese Studien in akzeptabler Frist terminiert werden können. Dies wird aber äusserst schwierig, da die meisten Haustierbesitzer lieber ein alt bewährtes Medikament wählen werden als ein neues, vielleicht besseres, aber noch mit vielen Ungewissheiten und Risiken behaftetes Präparat.

Die Inhomogenität der Patientenkollektive ist nur auf ersten Blick ein Nachteil, indem sie nämlich viel besser der Realität des Tierarztes entspricht als das normierte Beagle-Rudel bei Novartis. Unseres Erachtens kreieren die Pharmafirmen hier nur eine künstliche Pseudogenauigkeit im Labor, die der Realität in einer Tierarztpraxis in keiner Weise entspricht.

Das Verhalten der Zulassungsbehörden ist dann auch wieder erstaunlich, indem es offenbar Anträge von Novartis für Feldversuche schon abgelehnt hat mit der Begründung, dass man es dem Hundehalter und dem Privathund nicht zumuten könne, eine nicht sauber (an anderen) erprobte Substanz einzunehmen. Es müsste also auch Kontakt mit den Zulassungsbehörden aufgenommen werden, um diese ‚tier-rassistische‘ Sicht (Familienhund darf nicht leiden, Laborhund schon) zu relativieren.

Letztlich müsste das Umdenken international stattfinden, da die Pharmafirmen auf internationale Zulassungen angewiesen sind. Hier könnte die Schweiz aber eine Vorreiterrolle übernehmen, die bei günstigem Verlauf dann längerfristig auch von anderen Ländern übernommen werden könnte.